Wir lehnen die Wahlrechtsreform ab, denn sie schadet unserer Demokratie.
Das Vertrauen in unsere Demokratie und ihre Institutionen sinkt seit Jahren. Die Wahlrechtsreform würde dazu führen, dass Abgeordnete, die ihren Wahlkreis durch die Erststimme direkt gewinnen, nicht sicher in den Deutschen Bundestag einziehen.

NEIN

Eine Wahlrechtsreform sollte immer im demokratischen Konsens, also gemeinsam mit der demokratischen Opposition, umgesetzt werden. Diesmal soll das Gesetz lediglich mit den Stimmen der Regierung beschlossen werden. Hierdurch wird das Wahlrecht zum Gegenstand des politischen Alltagsgeschäftes. Wohin es führen kann, wenn das Wahlrecht durch wechselnde Mehrheiten immer wieder zum eigenen Vorteil geändert wird, kann in den USA beobachtet werden.

Auch die Analyse, dass die Aufblähung des Bundestages mit dem aktuellen Wahlrecht zu tun hat, stimmt nur bedingt. Das Problem ist nicht das Wahlrecht, sondern der Sonderstatus der CDU/CSU. Durch diesen entstehen unzählige Überhang- und Ausgleichsmandate. Im aktuellen Deutschen Bundestag würden 137 Abgeordnete weniger sitzen, wenn es diesen Sonderstatus nicht gäbe.

Stattdessen soll die Reduzierung der Abgeordneten durch die Einschränkung eines Wesenskerns unserer Demokratie erreicht werden: Den der Repräsentation. Wir befürchten das, sollte diese nicht mehr gegeben sein, die Zustimmung zur Demokratie als Ganzes weiter sinken wird. Das Gefühl, nicht vertreten zu werden, ist einer der herausragendsten Gründe für die Politikverdrossenheit im Osten und den Zulauf zur AfD. Indem man sogar die direkte Repräsentation in den Wahlkreisen streicht, würde sich dieser Zustand noch verschlimmern.

Nicht nur, aber insbesondere im Osten sind die Wahlkreise wesentlich größer als in großen Teilen des Restes der Republik. Das bedeutet, es könnten bald ganze Landstriche nicht mehr repräsentiert werden oder nur noch von der AfD. Im Endeffekt würden gerade die Wahlkreise, die besonders hart umkämpft sind, nicht mehr von Demokrat*innen gewonnen werden. Das ist ein schwerer Schlag für alle, die in den AfD-Hochburgen politisch aktiv sind. Genoss*innen für einen Wahlkampf, der aufgrund dieses Umstandes aussichtlos ist, zu motivieren ist fast unmöglich.

Daher erwarten wir eine klare Position aller Abgeordneten in unserer Fraktion, insbesondere aller derjenigen aus dem Osten und derjenigen die mit dem Osten solidarisch sind.

Der Ostbeauftragte der Bundesregierung Carsten Schneider bezeichnete den Osten als sogenannten „Battleground“ der Demokratie. Diese Wahlrechtsreform rüstet die Gegner unserer freiheitlichen Grundordnung weiter auf und gibt ihnen noch mehr Argumente an die Hand. Nicht nur im Osten, sondern überall.