Der russische Überfall auf die Ukraine stellt eine historische Zäsur dar. Das Leid der Menschen und allen Personen auf der Flucht ist unvorstellbar. Wir erklären daher unsere unbedingte Solidarität. Viele Personen und Initiativen aus MV sind bereit zu helfen und tun dies seit Wochen. Wir sind überwältigt über die großen Anstrengungen der gesamten Zivilgesellschaft und Politik, Geflüchtete aus der Ukraine aufzunehmen die Menschen in der Ukraine zu unterstützen.

Jusos

Dieser völkerrechtswidrige Angriffskrieg stellt auch für uns Jusos eine Zeitenwende dar, die alle Lebensbereiche und alle politischen sowie gesellschaftlichen Felder betrifft. Insbesondere auch Mecklenburg-Vorpommern. Historisch bedingt gab es schon immer eine enge Verbindung zwischen MV und Russland, auf wirtschaftlicher, politischer und gesellschaftlicher Ebene. Diese Verbindung wurde durch Putin und alle Unterstützer*innen des Regimes in Russland gekappt. Die Landesregierung hat diesbezüglich Konsequenzen gezogen, wir unterstützen insbesondere, dass

- die Pipeline NS2 nicht in Betrieb genommen wird,

- der Russlandtag ausgesetzt wird,

- die Stiftung Klima- und Umweltschutz aufgelöst wird,

- die Zusammenarbeit mit dem Oblast Leningrad eingestellt wurde.

Diese Maßnahmen waren unabwendbar und notwendig. Klar ist aber auch, dass dieser völkerrechtswidrige Angriff nicht nur für die Friedens- und Sicherheitsarchitektur in Europa, Deutschland, MV und auch unsere eigene Programmatik mittel- bis langfristige Folgen haben wird.

Putins Krieg zwingt uns als Verband Konsequenzen zu ziehen, die langfristig wirken. Durch den russischen Angriff auf die Ukraine ist eine Wende in der Russlandpolitik der SPD-MV erfolgt, die mit dem System Putin endgültig und dauerhaft bricht, aber keine Feindschaft zu den Menschen in Russland provoziert. Es darf keine wirtschaftlichen Kooperationen mehr zwischen dem Land MV und dem Putin-Regime geben, gleichzeitig aber, braucht es eine Zusammenarbeit und Unterstützung der demokratischen russischen Opposition, der demokratischen Zivilgesellschaft, NGOs und Menschenrechtsorganisationen in Russland.

Diese Wende zu vollziehen, darf für uns nicht nur ein Bekenntnis sein, sondern muss konkrete Folgen nach sich ziehen. Diese Konsequenzen spiegeln sich für uns darin wider, dass Putins Entscheidung gegen die Diplomatie, gegen den Frieden und die Humanität automatisch eine umso intensivere Förderung des Konzeptes und der Strategie eines demokratischen Ostseeraums bedeutet.

Dieses Konzept verstehen wir auch als eine Strategie der SPD-MV mit der Zielstellung, dass die Ostsee als wirtschaftlicher und politischer Raum zu einem Meer des Friedens, der Demokratie und Menschenrechte wird. Das bedeutet, dass wir eine weitere wirtschaftliche sowie politische Zusammenarbeit mit allen Organen und Unterstützer*innen des autokratischen Systems in Russland ausschließen. Stattdessen soll die Zusammenarbeit MVs mit den demokratischen Anrainern im Ostseeraum (Dänemark, Schweden, Finnland, Estland, Litauen, Lettland und Polen) auf wirtschaftlicher, politischer und gesellschaftlicher Ebene gestärkt werden. Das bedeutet für uns aber auch, dass demokratische und progressive Kräfte in Russland auf unsere Solidarität zählen können und in ihrem Streben eines demokratischen Systemwechsels unterstützt werden.

Dabei gilt es zu beachten, dass der Konflikt nicht zwischen den Bürger*innen MVs und Russlands ausgetragen wird, sondern wir weiterhin an guten zwischenmenschlichen Beziehungen festhalten wollen. Das gemeinsame Streben nach Menschenrechten, Frieden und Demokratie soll dabei im Vordergrund dieser Zusammenarbeit stehen.

Das Land MV betreibt keine eigene Außenpolitik, dennoch begreifen wir uns als Teil einer Zeitenwende und müssen alle uns zur Verfügung stehenden Mittel nutzen, um angemessene Konsequenzen aus dieser Zäsur zu ziehen.

Wir begreifen diese Wende als einen langfristigen Prozess. Sollte der Krieg in der Ukraine, was wir alle hoffen, zeitnah zu Ende gehen, darf es, unabhängig vom Ausgang, kein Zurück mehr in die Zeiten des Putin-Regimes vor dem Angriff geben.

Wie weiter oben beschrieben bedeutet das für uns, programmatisch und organisatorisch zu reagieren. Als erste Maßnahmen fordern wir folgendes:

1. Um diesen Prozess der Zeitenwende zu begleiten, fordern wir daher die Einsetzung einer Projektgruppe „demokratischer Ostseeraum“ – womöglich im Rahmen des existierenden, international ausgerichteten AK Polen – innerhalb der SPD MV, der Mittel und Wege erörtert, die oben benannten Ziele umzusetzen.

2. Zudem fordern wir, dass der „Russlandtag“ nicht nur ausgesetzt, sondern endgültig abgeschafft wird. Stattdessen soll regelmäßig ein „Ostseetag“ stattfindet. Zu diesem werden neben wirtschaftlichen und politischen Vertreter*innen aus dem demokratischen Ostseeraum, – soweit für deren Sicherheit vertretbar – auch demokratische sowie progressive Organisationen aus der russischen Zivilgesellschaft und der Opposition eingeladen.

3. Zudem fordern wir zu prüfen, auf welchem Wege eine nachhaltige und demokratische Entwicklung im gesamten Ostseeraum grundständig und intensiver als bisher gefördert werden kann. Das demokratische Forum der Ostsee-Parlamentarier-Konferenz muss eine Aufwertung erfahren. Neben dem Fokus auf Demokratie und Nachbarschaft sollen auch entstandene existentielle Folgen für Unternehmen und Personen aufgrund des Abbruches der Beziehungen zwischen MV und dem Putin-Regime abgefedert und humanitäre Hilfe in der Ukraine und Unterstützung bei der Aufnahme und Integration der Geflüchteten aus der Ukraine geleistet werden.

Diese Maßnahmen stellen erste Schritte in eine sich wandelnde Politik zu Russland dar. Dieser Prozess muss nachhaltig sein und alle Teile des Verbandes (Jusos und SPD) Partizipation ermöglicht. Daher setzen wir auf eine breite Beteiligung, um das Konzept des demokratischen Ostseeraums weiter mit Inhalt zu füllen, weitere Maßnahmen zu erörtern, weitere Ziele festzulegen und Mittel und Wege zu finden, diese zu erreichen.